| Wandertour | GPS Tour Kartenansicht |
Gehzeit: 4 Stunden
Tourlänge: 14km
Höhendifferenz: 1220m
Das Borbera-Tal befindet sich am Beginn der Appenninen, der Seealpen vor Genua.
Die schmale Straße führt ständig bergan und schlängelt sich in Serpentinen hinauf. Es ist die einzige Zufahrt. Campassi. Die Kirchturmglocken lãuten, 10 Uhr. Ein paar Häuser. Ein älterer Mann kommt aus seinem Hãuschen. Er hat ein fremdes Auto gesehen. Was wir hier machen? Wandern: Zu den Mulini, nach Reneuzzi, Vegni und zurück. Nein, dazu braucht ihr zwei Tage. Wir gehen los.
Die Straße geht noch ein bißchen weiter leicht bergab und wird nich schmaler. Zwei Häuser, hier endet sie. Wir fragen den Mann im Schuppen, wo der Weg langführt. Er hört uns nicht. Der Weg ist mit 3 Punkten gekennzeichnet und führt bergab. Wir erreichen die Schlucht. Die einstige Mühle ist verfallen. Ein kleiner Picknick-Platz.
Wir überqueren den Rio Campassi von Stein zu Stein und nehmen den schmalen Pfad auf der anderen Seite. Immer bergauf. Die Luft ist angenehm kühl und feucht. Der Schweiß läuft den Rücken hinab. Einsam bergan durch hohes Gras. Irgendwann erreichen wir Reneuzzi, kein caffè. Der Ort ist lange verlassen, die Häuser stürzen nach und nach ein, die Natur holt sich alles zurück, was der Mensch ihr mühevoll abgetrotzt hat.
Keine Straße, kein menschliches Leben, so ist das heute.
Ein kleiner Platz mit einem Steintisch, eine erloschene Feuerstelle. Am besten ist die Kirche erhalten. Egal, wie klein die Siedlung ist, Gott ist allgegenwärtig. Auf dem winzigen Friedhof ein Name, immer wieder Bellomo. Rechts der Grabstein von Margherita, sie ist nur fünf Jahre alt geworden. In Trauer ihre Eltern.
Ein Grablicht brennt. Es gibt jemanden, der ihrer gedenkt. Links eine große Tomba von Davide, 1961 im Alter von 31 Jahren gestorben. In Trauer seine Eltern. Auch an seinem Grab ein Licht. Waren die beiden Geschwister und warum mussten sie so früh sterben?
Der Pfad schlängelt sich weiter durch den Wald und trifft auf ein paar Häuser von Ferrazza. Keiner da, aber noch genutzt. Sommerhäuser offensichtlich.
Der Weg ist nun ein sterrato und geht gemütlich am Berg entlang. Von Zeit zu Zeit gibt er einen schönen Blick über das tief eingeschnittene Tal nach Campassi frei.
Der Weg teilt sich, nach links führt er über Casoni und rechts über einen steilen Pfad nach Vegni. Wir entscheiden uns für den rechten Weg und treffen nach einem weiteren Aufstieg auf einen breiten Waldweg, der bergab nach Vegni führt. Eine Kirche, Häuser, ein Spielplatz. Kinderstimmen aus einem Haus, es ist Mittagszeit.
Ein paar Schritte außerhalb ist der kleine Friedhof, das Tor ist frisch geölt. Im wesentlichen findet man zwei Familiennamen.
An ein paar Eseln vorbei, müssen wir nun durch ein eingezäuntes Gelände. Der Weg ist gekennzeichnet und geht immer steiler werdend hinab zum Rio Campassi. Am Wildbach endet der Weg, wir haben den Abzweig verpasst. Also zurück bis wir rechts den Abzweig zum Mulino Agneto finden. Der schmale Eselspfad führt zur Mühle, von der noch das große eiserne Mühlrad erhalten ist. Hier endet jede Kennzeichnung und wir suchen vergebens wir einen Pfad. Es nervt. Die Höhenlinien auf der Karte zeigen, dass wir uns im Flusstal fortbewegen müssen und so schlagen wir uns entlang des Wildbaches stromauf, von einem Ufer zum anderen auf den Steinen balancierend. Wir stützen einander ab, da fällt der Stein. Glück gehabt, gerade so geschafft.
Das Navi sagt, dass nun auf der rechten Uferseite der Pfad nach Cà Campassi beginnen müsste. Gefunden, endlich.
Ein paar Meter aus dem Flusstal heraus und wir treffen auf eine kleine Siedlung. Vier Männer hacken Brennholz, einer hackt und drei schauen zu, ein bekanntes Bild.
Man begrüßt uns freundlich, wie immer in Ialien. Woher wir kommen. Oh, gambe buone.
Ob ich ein Instrument spiele? Nein. Also bin ich nicht die deutsche Musikerin, die auch dieses Jahr wieder zum Dorffest nach Campassi kommt. Nein.
Auf dem breiten Kiesweg geht es bergauf nach Campassi, noch 2km und wir kommen an der Kirche an.
Der ältere Mann sieht uns. Vegni, nein da könnt ihr nicht gewesen sein. Doch. Er lädt uns auf einen caffè in sein Haus. Eine gute Gelegenheit, sich ein Gläschen Wein zu gönnen.
Wir fragen nach der Familie Bellomo. Evio kannte Davide, ein tragisches Schicksal. Die Eltern waren miteinander verwandt, daher wohl der frühe Tod der Tochter. Auch der Sohn war geistig etwas zurück. 1961 wollte ihn seine Freundin verlassen. Er nahm sich die Waffe seines Vaters, einen Trommelrevolver, den dieser aus Amerika mitgebracht hatte, und lauerte seiner Freundin auf und schoss. Danach erschoss er sich selbst. 14 Tage wurde nach ihm gesucht, die Carabinieri waren alarmiert, dann fand man seine Leiche im Wald.
In den 60-er Jahren, mit der Motorisierung und dem Bau von Straßen wurden die Siedlungen Reneuzzi, Ferrazza und Casoni verlassen.
Fotos an der Wand, die Familie, Enkel, eine Gruppe Musiker, darunter Evio und eine blonde Frau mit einem Fagott. Die Deutsche? Ja, sie kommt jedes Jahr und spielt in Campassi. Im Winter ist sie in Genua aufgetreten. Er zeigt uns den Zeitungsausschnitt. Marion Reinhard spielt bei den Berliner Philharmonikern, ist in Nürnberg geboren und hat in Weimar studiert. Und kommt gern nach Italien.
Die Deutschen, ja, Soldaten waren im Krieg in Campassi auf der Jagd nach Partisanen. Carrega Ligure war eine Hochburg des Partisanenkampfes, die dichten Wälder bieten guten Schutz.
Die Soldaten kamen auch in das kleine Haus von Evio, wo die 10-köpfige Familie wohnte. Sie hatten Angst, dass die Soldaten ihnen das Haus anbrannten. Es durfte niemand erfahren, dass sie den Partisanen bei der Flucht geholfen hatten. Evio hatte sie begleitet und ihnen den Weg gezeigt, da marschierten die Deutschen bereits ein. Ein Partisan hat die Straße genommen, den haben die Deutschen erwischt.
Der Soldat im Haus von Evio zog sein Portemonnaie aus der Tasche. Auf dem zerknickten Foto seine Frau und seine beiden Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Der Soldat weinte. Tränen in Evios Augen, die Erinnerung berührt ihn stark.
Die Deutschen haben den Krieg bis ins letzte Dorf, getragen. Bis ans Ende der Welt.
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- Tourlänge: 14km
- Höhe Start: 939m
- Höhe Ziel: 939m
- Höchster Punkt: 1248m
- Tiefster Punkt: 701m
- Höhendifferenz: 1220m
- Aufstieg: 1220m
- Abstieg: 1220m